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Die Musik Frevo und ihr Tanz – Capoeira-Jahrestagung 2023

Bunte Schirme, starke Schritte, schnelle Beats - dafür ist Frevo bekannt. Die afrobrasilianische Musik und ihr Tanz standen bei der diesjährigen Tagung des Fachgebiets Capoeira im Vordergrund. Mestre Téco Canindé gab in zwei Workshops einen Einblick in die Geschichte, die Schritte und Rhythmik des farbenfrohen Tanzes und erklärte, was Frevo mit Capoeira zu tun hat.

 

Mestre Téco Canindé zeigt Schritte aus dem Tanz "Passo" (Foto: J. Real)

(Foto: D. Graulich)

(Foto: J. Real)

(Foto: D. Graulich)

Glückliche Gesichter - die Teilnehmenden der Jahrestagung 2023 (Foto: A. Xhelilaj)

Wenn die Menge kocht – woher kommt Frevo eigentlich?

Der Musikstil des Frevo entwickelte sich um 1900 aus dem Repertoire der Militärkapellen in Brasilien. Die ersten Einflüsse stammten erstaunlicherweise aus Europa, wie zum Beispiel der Polka und der Marschmusik. Der Stil wurde mit der Zeit populärer, schneller, akzentuierter und wilder. Die Stimmung, die beim Spielen der Kapellen im Publikum entstand, war hitzig – die Menge kochte. Wie Deckel auf Topf passt auch der Name zur eskalativen Stimmung: "Frevo" leitet sich vom portugiesischen "ferver" ab, was so viel heißt wie "kochen". Heute wird Frevo vor allem zum Karneval in Recife gespielt, der Hauptstadt des Bundesstaates Pernambuco im Nordosten Brasiliens. Der Tanz zum Frevo wird "Passo" genannt.

Von Capoeira beeinflusst

Schnell wuchs die Fan-Gemeinschaft für die Frevo-Musik – es kam zu regelrechten Rivalitäten zwischen den Anhänger*innen der verschiedenen Frevo-Clubs. Als Geleitschutz heuerten die Karnevalsclubs häufig Capoeiristas an. Capoeira war zu dieser Zeit verboten, sodass der ohnehin als Tanz getarnte Kampf weitere Tanztechniken aufnahm. Kämpferische Elemente wurden weiter verschleiert und durch aufwändige und akrobatische Arm- und Beinbewegungen kaschiert. Wurden bisher Rasiermesser zur Verteidigung verwendet, nutzte man nun die Spitzen von Regenschirmen. Ursprünglich waren diese groß und schwarz und dienten neben der Verteidigung auch dem Sonnen- und Sichtschutz der Passista (Tänzer und Tänzerinnen des Frevo). Noch heute sind im zeitgenössischen Passo die Einflüsse der Capoeira nicht zu übersehen. Der "Chutando de Frente" und der "Chutando de Lado" erinnern an gerade Tritte der Capoeira, wie Ponteira oder Benção – die "Tesoura" ähnelt einer verspielten Ginga, einer der Grundbewegungen in der Capoeira.

Bunt, wild und auffällig               

Als der Kampfcharakter des Passo nachließ, wurde der Tanz verspielter, fröhlicher und farbenfroher. Die alten schwarzen Regenschirme wichen den bunten kleinen Schirmchen, die die Passistas heute beim Tanz wild umherschwenken und in ihre Akrobatiken einbauen. Der Tanz bekam einen stark kompetitiven Charakter – die Tänzer und Tänzerinnen versuchten einander in Ausdauer, Akrobatik, Beweglichkeit und Kraft zu übertrumpfen und immer pompösere und atemberaubendere Bewegungen zu entwickeln. Neben der Capoeira nahmen auch verschiedene Tanzstile Einfluss auf Passo – beispielsweise das Russische Ballett.

In zwei aufeinander aufbauenden Workshops zeigte Mestre Téco Canindé den Teilnehmenden erste Grundschritte des Tanzes und erklärte anhand seiner Geschichte verschiedene Phasen des Frevo. Die schnellen und scharfen Schritte nach vorne oder zur Seite wirken durch die Akzentuierung der Hacke oder Fußspitze einmal mehr abgehackt. Der kleine bunte Schirm konnte einigen Teilnehmenden bei der Balance helfen – ab und an stellte er sich aber auch als zusätzliche Herausforderung dar. Anschließend konnte die Gruppe noch den typischen Frevo-Rhythmus auf dem Pandeiro (Schellentamburin) ausprobieren.

Neuwahlen und Jahresplanung

Zuvor fand die Jahrestagung des Fachgebiets Capoeira statt. Delegierte aus verschiedenen badischen Capoeira-Vereinen trafen sich in den Räumlichkeiten des Polizeisportvereins in Karlsruhe. Auf der Agenda stand zunächst die Termin- und Themenfindung für die Fachtagung 2024. Am Samstag, 03. Februar 2024, wird die Tagung zum Thema "Capoeira Angola" stattfinden. Bei Capoeira Angola handelt es sich um eine der beiden Haupt-Formen der Capoeira. Sie zeichnet sich durch langsamere Bewegungen aus, die für das ungeübte Auge fast träge wirken können. Dabei können gerade bei Capoeira Angola Angriffe blitzschnell ausgeführt werden. Glücklicherweise ist Mestre Téco Canindé, der den diesjährigen Workshop leitete, auch für die Capoeira Angola der richtige Ansprechpartner. Wir freuen uns, dass er den Workshop zur Fachtagung 2024 ebenfalls leiten wird.

Zudem standen in diesem Jahr Neuwahlen des Fachausschusses an. Michael Krenbauer als Landesfachwart, Jonas Walter als Landestrainer und Laura Gern als Nachwuchsbeauftragte wurden einstimmig wiedergewählt. Die stellvertretende Landesfachwartin Annette Laur, der Landeslehrwart Gordon Owens-Mason und der stellvertretende Landestrainer Stephan Melcher gaben ihre Ämter ab. Die Anwesenden bedankten sich bei den beiden für ihr Engagement für das Fachgebiet Capoeira. Per Böse wurde zum neuen Landeslehrwart, Jennifer Portillo zur stellvertretenden Landesfachwartin und Wesley Santana zum stellvertretenden Landestrainer gewählt. Dana Graulich bleibt ebenfalls als Pressewartin im Amt.

Für Stärkung war ebenfalls gesorgt: vor der Fachtagung gab es Essen für alle. Mahlzeit, Softdrinks, Kaffee und Kuchen wurden durch die Arbeitsgemeinschaft Recife organisiert, die seit über 25 Jahren Erzieher*innen und Pädagog*innen bei ihrer Arbeit mit Straßenkindern in Refice in Pernambuco, der Wiege von Frevo und Passo, unterstützt.