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KRK-Idol beendet internationale Turnkarriere

Wer Leah Grießer kennt, weiß, dass die Entscheidung sich vom Leistungssport zurückzuziehen, nicht unüberlegt gefallen ist. Nach über 16 Jahren geht man diesen Schritt nicht leichtfertig. Nachdem die heute 22-jährige Medizinstudentin im März ihr erstes Staatsexamen erfolgreich absolviert hatte, reifte jedoch der Entschluss, den Fokus weiter zunehmend auf ihr Studium zu legen und die internationale Turnkarriere, welche sich wirklich sehen lassen kann, zu beenden.

Ausdrucksstark und elegant: Leah Grießer bei der DM 2019 (Foto: DTB | Minkusimages)

Erfolgreich das Olympia-Ticket für Deutschland gesichert! Pauline Schäfer (TuS Chemnitz-Altendorf), Elisabeth Seitz (MTV Stuttgart), Pauline Tratz (TSV Rintheim), Tabea Alt (MTV Ludwigsburg), Leah Grießer (TG Neureut), Sophie Scheder (TuS Chemnitz-Altendorf) und Maike Enderle (TSV Weingarten) beim Testevent 2016 in Rio. (Foto: fig-photos.com)

Viermal sicherte sich Leah Grießer mit dem Bundesligateam der TG Karlsruhe-Söllingen die Vizemeisterschaft (Foto: N. Raufer)

Schon als Juniorin war sie 2012 bei der Junioren-Europameisterschaft (Brüssel) und 2013 bei den Europäischen Jugendspielen (Utrecht) dabei. Drei Weltmeisterschaftsteilnahmen (2014 Nanjing, 2015 Glasgow, 2018 Doha) sowie Starts bei Europameisterschaften, Weltcups und den Europäischen Spielen in Baku sind und bleiben Ausdruck ihrer Extraklasse. Gemeinsam mit ihrer langjährigen Trainerin, die sie quasi von Beginn an betreut hat, avancierten sie zum "Dreamteam" der KRK. Leah bestach insbesondere in den letzten Jahren durch ihre Eleganz und Ausdrucksstärke am Boden. Ein Augenschmaus für die Zuschauer, der nicht selten Gänsehaut erzeugte. 2016 sorgte sie auch international mit ihrer Bodenkür für Aufsehen und Furore. Dank einer einzigartigen Komposition und künstlerisch-emotionalen Darstellung, die genau auf sie abgestimmt war, zog sie Kampfrichter sowie Publikum gleichermaßen mit einer vertanzten Geschichte, gepaart mit sauber ausgeführten turnerischen Elementen in den Bann. Zwei Deutsche Meistertitel am Boden (2015, 2018) bestätigten ihr Können.

Angesprochen auf die knapp verpasste Olympiaqualifikation 2016 kann sie heute sagen: "Klar war das hart, so knapp vorbeizuschrammen. Es ist der Traum eines jeden Sportlers, bei Olympia teilzunehmen. Aber ich bin auch ohne Teilnahme mit meiner Karriere im Reinen. Ich durfte so viel erleben und habe so viel gelernt. Rückblickend kann ich sagen: Mir fehlt nichts."

Trotz einiger Verletzungen (die letzte Knie-OP erfolgte 2020) kämpfte sich Leah immer wieder an die deutsche Spitze zurück und war bzw. bleibt auch deshalb im Karlsruher Turnzentrum ein Vorbild für den Nachwuchs. Diszipliniert und zielorientiert konnte sie sich immer wieder auf das Training fokussieren und ihr Leistungsvermögen steigern, um erneut fit und auf hohem Niveau an Wettkämpfen teilnehmen zu können. Taty Bachmayer und Leah erarbeiteten stetig neue und situationsabgestimmte Pläne. Das gegenseitige Vertrauen in Inhalte und Umfang der Einheiten wurde zu jeder Zeit klar und gemeinsam definiert. "Über so viele Jahre eine Athletin zu betreuen, sie quasi 'großzuziehen' ist schon eine große Ausnahme. Automatisch entwickelt sich dabei auch eine zwischenmenschliche Beziehung. Und Leah war von ihrer Persönlichkeit schon immer etwas Besonderes. Das war mir schon klar, als sie noch im Nachwuchsbereich turnte", bestätigt Taty. "Zu Leah fällt mir soooo viel ein … schließlich haben wir immens viel Zeit gemeinsam in der Halle und bei Wettkämpfen verbracht", lächelt ihre Erfolgstrainerin verschmitzt.

Turnen hat viele Jahre Leahs Alltag bestimmt, das wird sich nun ändern. Jetzt liegt das Augenmerk auf dem Medizinstudium in Mannheim. "Ich werde weiterhin trainieren. Turnen ist und bleibt eine große Leidenschaft von mir. Nur werde ich das Training reduzieren und ohne Wettkampfdruck in die Halle gehen. Vielleicht werde ich auch noch den ein oder anderen Wettkampf für mein Bundesligateam turnen. Das wird sich alles noch zeigen." Seit 2011 turnte sie im Team der TG Karlsruhe-Söllingen in der ersten Liga und entwickelte sich mit ihren "Freundinnen fürs Leben" Maike Enderle und Pauline Tratz zu den Führungsturnerinnen im Team. Viermal erreichte sie mit der Mannschaft den Vizemeistertitel in der DTL. Auch hier wird sie ganz bestimmt fehlen. "Aber 'the next generation' hat gezeigt, dass sie bereit ist, in die Fußstapfen zu treten. Die packen das", ist Leah fest überzeugt.